27.6.2009: Genusstour

Tourguide: Norbert

MohnMohnJetzt war es so weit. Bereits vor einem Jahr wollte ich nach Armschlag fahren. Einige werden sich fragen, wo um Gottes Willen ist Armschlag – und das zu Recht. Armschlag - ein kleines Nest im Waldviertel zwischen Ottenschlag und Zwettl auf 750 Metern Seehöhe mit knapp 40 Häusern und 100 Bewohnern. Unterwegs auf der E 36 von Melk in Richtung Norden kann es schon passieren, dass man die Abzeigung nach Armschlag übersieht und vorbeirauscht.
MohnMohnSeit 20 Jahren haben sich die Bewohner des Dorfes auf den Anbau und die Vermarktung des Waldviertler Graumohns eingeschworen und der Mohn ist in diesem Dorf allgegenwärtig.
Die Tour war eigentlich für Anfang Juni angesetzt, weil die rund um Wien angebauten Mohnfelder bereits zu dieser Zeit blühen. Nicht so der Waldviertler Graumohn, der sich mit dem Blühen bis Juli Zeit lässt.
Wir wollten die Tour nicht nochmals verschieben und haben uns, trotz der nicht rosigen Wetteraussichten – angesagt waren Wolken, teilweise sonnig aber auch starke regionale Gewitter, wobei der Osten begünstigt sei – auf die Socken und auf die Suche nach dem Waldviertler Graumohn gemacht.
Vom Treffpunkt bei der Raststätte Korneuburg weg, führte die Route direttissima auf kleinen schmalen Nebenstraßen zuerst südlich der Donau nach Pöggstall, wo wir im Gasthof Gerstbauer unser Mittagsessen einnahmen. Wir kehrten schon mal bei unserer letzten Ausfahrt im Oktober 2008 dort ein und MohnMohnwaren vom Angebot und der netten, freundlichen Bewirtung sehr angetan. Auch diesmal klappte alles prima und wir waren rundum zufrieden. Von dort weg, sind es nur mehr ca. 16 km (1/2 Stunde Fahrzeit) weiter nach Norden zu unserem Ziel bei dieser Ausfahrt.
In Armschlag selbst gibt es für Mohninteressierte einen Mohnlehrpfad mit 6 Schaukästen, den Gartenstadl mit einer Mohn-Dia-Schau, den neu angelegten Mohngarten und zum Einkaufen den Mohnbauernladen. Und natürlich auch die 10 Hektar Mohnfelder, die zur Blütezeit eine wahre Blütenpracht sind.
Bei der Mohn-Dia-Schau erfuhren wir allerlei Interessantes über den Mohnanbau, seine Geschichte und seine handwerkliche Nutzung. Hättet ihr für möglich gehalten, dass zum Anbau von einem Hektar Mohn (10.000 m2) nur 30 dag Mohnsamen benötigt werden (entspricht der Menge, die man für einen Mohnstrudel verwendet). Der Mohnsamenertrag schwankt zwischen 800 und 1000 kg pro Hektar, der Ertrag an Kapseln liegt bei 800 kg pro Hektar. Also eine durchaus ertragreiche Bodennutzung. Übrigens werden im Waldviertel ca. 100 Hektar Mohn angebaut, womit Armschlag nur 1/10 der Anbaufläche abdeckt.
MohnMohnWir hörten weiters, dass der Mohn eine der ältesten Kulturpflanzen ist und wahrscheinlich im westlichen Mittelmeerraum zum ersten Mal kultiviert wurde. Die ältesten Funde von Mohnsamen stammen aus der Jungsteinzeit (ca. 4.000 Jahr v. Chr.). Im Waldviertel wird der Mohn erstmals in der 2. Hälfte des 13. Jhdts. erwähnt. Mohn ist für uns eine Nahrungspflanze. Im Mittelalter wurde Mohn allerdings auch als Medizin gegen verschiedene Krankheiten wie Husten, Fieber, vergiftete Wunden und Schlaflosigkeit verwendet. Und natürlich ist Mohn als Rauschdroge bekannt. Für diese Nutzung ist aber unser Waldviertler Graumohn nicht geeignet – er enthält nur unbedeutende Spuren an Rohopium. Nur der „Papaver somniferum“ der Schlafmohn enthält in seiner noch nicht reifen Kapselwand den begehrten Saft. Durch Einritzen der grünen Mohnkapsel tritt der weiße Milchsaft aus, der zur Gewinnung von Opium verwendet wird. Pro Kapsel erhält man etwa 0,05 Gramm Rohopium. Bei chemischer Weiterbearbeitung gewinnt man daraus Heroin. Für die Medizin ist vor allem das Morphium von Bedeutung.
MohnMohnDer Mohn blüht nur einen Tag, schon am nächsten Tag verwelken die Kronenblätter. Daher wird der Mohn auch als Eintagsblume bezeichnet. Die Blütenfarbe reicht von weiß über rot bis dunkelviolett. Man unterscheidet den
weißen oder Berliner Mohn mit nussartigem Geschmack,
blauen Mohn, der etwas herb und bitter schmeckt und jene Sorte ist, die bei uns in den Supermärkten angeboten wird und den
grauen oder Zwettler Mohn. Er ist von feinem, milden Geschmack und zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren und einen sehr hohen Gehalt an Calcium und Kalium aus.
Dies und noch vieles mehr über Anbau, Pflege und Ernte hörten wir. Im Mohngarten konnten wir dann noch die vielen Ziermohnsorten bewundern, die

MohnMohn

jedoch unter dem vielen Regen der vergangenen Wochen stark gelitten haben.
Nach Besuch des Mohnbauernladens mit seiner Fülle an Mohnprodukten, wie z.B. Mohnschokolade, Mohnhonig, Mohnschnaps oder –likör, Mohnkapsel und Samen, Mohnpflegeprodukte wie Seife, Hautcremen, Mohnöl und Geschenksartikel im Mohndesign kehrten wir beim Mohnwirt Neuwiesinger ein. Die Wirtsleute sind im wahrsten Sinne des Wortes dem Mohn verfallen. Das kulinarische Angebot ist ganz auf den Waldviertler Graumohn abgestimmt. Ein Highlight daraus ist die Mohn-Sahne-Torte, die wir natürlich verkosten mussten.
Danach angefuttert mit Moh

n-Sahne-Torte und ausgestattet mit allerlei Mohnprodukten ging es heimwärts.

Einmal eine etwas andere Ausfahrt, sehr gemütlich aber auch lehrreich. Trotzdem waren wir immerhin ca. 330 km unterwegs. Und das Wetter? - na ja durchwachsen. Oftmals verfolgten uns dunkle, bedrohliche Gewitterwolken und bei der Heimfahrt hat uns der Regen dann auch tatsächlich erwischt. Aber was soll´s – wir waren uns einig: ein gelungener Ausflug und im wahrsten Sinne des Wortes – eine Genusstour!!!

Renate

Noch ein paar Infos:
Hinfahrt:
Korneuburg – Tulln – Neusiedl – Trasdorf – Hameten - Herzogenburg – Klein Rust – Pinnenhöfen – Schönbühel – Aggsbach – Hofamt – Fahnsdorf – Pöggstall – Aschelberg – Kirschlag – Singenreith – Weikartschlag – Armschlag
Rückfahrt:

Armschlag – Sallingberg – Gotthardschlag – Heithles – Attenreith – Els – Stixendorf – Egelsee – Krems/Donaubrücke – Hollenburg – Ried – Zwentendorf – Königstetten – Klosterneuburg - Wien

Einige Adressen:
Gasthaus Gerstbauer
3650 Pöggstall, Badgasse 22
Telefon: 02758/2800

Mohnwirt Neuwiesinger
3525 Sallingberg, Armschlag 9
Telefon: 02872/7421
Mo, Di, Ruhetag

Internet:
www.mohnwirt.at
www.mohn.at
www.mohngarten.at