22.-29.7.2007: Clubtour Nauders

Tourguide: Heinz-Dieter

NaudersNaudersWir treffen am Sonntag gegen Abend nach und nach im Landhaus Engadin in Nauders ein. Ich hole zuvor noch Hansi, Franz T. mit Linda und Gerhard vom Innsbrucker Bahnhof ab, von wo wir über Bundesstraßen zu unserem Zielort anreisen. Meine Anreise beginnt bereits einen Tag zuvor, bin ich doch die Einzige, die den weiten Weg per Motorrad auf sich genommen hat. Naja, was soll man als einzige Frau in dieser männerdominierten Riege dazu noch sagen ?!
Unsere Gruppe setzt sich schließlich aus neun FahrerInnen (Heinz, Guzzi-Hansi, Gerhard, Alfred, Franz T., Horst, Dietmar, Rudi, Annelies) zusammen.

NaudersNaudersAm Montag starten wir bei herrlichem Wetter Richtung Italien. Wir rollen über den Reschenpass nach Süden, relativ unspektakulär im Vergleich zu dem, was an Kurvenstrecken noch vor uns liegt. Interessanter als der Pass ist da der Reschensee. Wie ein Periskop lugt der Kirchturm von Graun als letztes Überbleibsel des alten Dorfes noch aus dem Wasser. Die Stauung des Reschensees 1949 hat nicht nur
die alte Straße, sondern gleich mehrere Dörfer überflutet. Die Route führt uns über Spondining zum Stilfser Joch. Ich gehe die ersten Kurven mit großem Respekt an, habe ich doch von einigen meiner Fahrerkollegen, die diese Strecke bereits kennen, von einem hohen Schwierigkeitsgrad erfahren. Ich quäle mich in voller Konzentration um beinahe jede der 48 Kehren der Nordost-Rampe, besonders die Kehren der Vinschgauer Seite sind vielfach extrem eng und steil. Zudem ist der Fahrbahnzustand über NaudersNaudersweite Strecken sehr schlecht. Nach zwei Drittel der Strecke bemerken wir, dass Gerhard und Horst nicht mehr hinter uns sind. Wir finden zum Glück eine Ausweiche in einer Kehre und harren der Dinge. Wir erfahren alsbald von einem vorbeikommenden Biker, dass Gerhard eine Panne hat. Es stellt sich heraus, dass sich die Schrauben seines Bremszylinders gelockert haben und im Zuge dessen verloren gegangen sind. Eine prekäre Situation auf dieser Strecke! Heinz macht sich auf ins Tal hinunter, um die Teile zu besorgen, wir warten mit Blick auf die noch verbleibenden Windungen nach oben zirka eineinhalb Stunden, bis die Reparatur erledigt ist. So können wir nun den Weg nach oben fortsetzen. Der Blick von der Passhöhe mit seinen 2.758 m ist beeindruckend. Zahlreiche Bergriesen erstrahlen im gleißenden NaudersNaudersHochsommerlicht, Schneefelder sind mancherorts noch deutlich zu sehen. Wir (vor allem ich) sind froh, dass wir die Anhöhe doch noch so wohlbehalten erreicht haben, aber Gerhard sitzt der Schock noch einigermaßen in den Gliedern. Wir fahren nun die Südwest-Rampe, immerhin nur 39 Kehren, die talwärts auch etwas leichter zu fahren sind, nach Bormio, weiter nach Livigno (ital. Zollausschlussgebiet), vorbei am Lago di Gallo, einem langgestreckten Speichersee. Wir verlassen Italien und nehmen die mautpflichtige Privatstraße durch den 3,5 km langen Straßentunnel der Engadiner Kraftwerke AG. Wir müssen hier einige Zeit warten, denn der Tunnel ist nur einspurig befahrbar. Wir bewegen uns nun durch den Schweizer Nationalpark Richtung Ofenpass/Passo dal Fuorn (2149 m) und kehren über Sta. Maria im Münstertal, Laatsch und den Reschenpass in unser Quartier zurück.

Am Dienstag meint es der Wettergott leider nicht gut mit uns – Regen und graue tiefhängende Wolken über den Bergen. Wir beschließen gar nicht erst zu starten und erkunden akribisch diverse Restaurationsbetriebe in Nauders.

NaudersNaudersDer Mittwochmorgen entschädigt wahrlich für die Zwangspause des Vortags – strahlend blauer Himmel und milde Temperaturen. Es geht wie üblich pünktlich um 9h los Richtung Schweizer Grenze nach Martina.
Auf der verkehrsarmen Straße sind wir zügig über Susch gen Flüelapass im Unterengadin unterwegs.
Rasch ist die Baumwuchsgrenze passiert, es geht vorbei an ausgedehnten Geröllfeldern bis zur Passhöhe (2383 m). Wir machen hier einen Kaffeestopp, bevor es auf schön ausgebauter Strecke weiter talwärts nach Davos geht. Literarisch Kundige verbinden diesen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts beliebten NaudersNaudersKurort mit Thomas Mann und seinem „Zauberberg“, der zum Teil hier entstand. Die Route führt uns
weiter über Tiefencastel zum Julierpass (2284 m). Bevor wir Silvaplana erreichen, eröffnet sich uns ein traumhafter Blick zu den Oberengadiner Seen (Silser See, Champferer See, St. Moritzer See) und den Gletschern der Berninagruppe mit dem Piz Bernina (4049 m). Wir machen einen kurzen Abstecher in den Ort St. Moritz, quälen uns durch baustellenbedingte Fahrverbote und verlassen schließlich ohne einen besonderen positiven Eindruck gewonnen zu haben den Nobelort. Die Silhouette von der Ferne aus betrachtet bietet zweifellos einen mondäneren Eindruck. Es geht nun über Zernez dem Inn entlang wieder Richtung Heimat. Da der Tag noch nicht sehr fortgeschritten ist, kommt die Idee auf, einen Abstecher in die bekannte Steueroase Samnaun zu machen. NaudersNaudersDie Auffahrt mit ihren altertümlichen Felstunnel ist ein wahres Erlebnis. Es ist kaum zu glauben, dass es erst 88 Jahre her ist, dass die Schweiz diesen verwegenen Verbindungsweg nach Samnaun (an die 1900 m hoch gelegen) errichtet hat, vermutet man doch, dass diese Straße noch aus Römerzeiten stammen muss. Am Ende der abenteuerlichen Bergstraße wird zunächst das Tal ein wenig breiter, man passiert das Bergdorf Samnaun, bevor man in einen neuen Ortsteil mit luxuriösen Bauten vordringt. Die von der Schweiz gewährte Zollfreiheit hat das dörfliche Idyll zur internationalen Drehscheibe gemacht. Es mutet alles irgendwie grotesk an: Bergbauern, die sich auf den steilen Berghängen mit der Heuernte abmühen – einkaufswütige Reisende, die Luxusuhren und andere –artikel gustieren. Auch so mancher von uns lässt NaudersNauderssich vom Konsumrausch anstecken, eine Schweizer Uhr passt noch allemal ins Topcase, im Notfall gleich aufs Handgelenk.

Das Highlight am Donnerstag ist die Timmelsjoch Hochalpenstraße – Passo Rombo, eine der schönsten Panoramastraßen der Alpen. Wir fahren zunächst über Tösens nach Prutz. Dort beginnt auch schon eine wunderbare Höhenstrecke, teilweise recht schmal, über Kaunerberg und Pillerhöhe (1558 m) mit reizvollen Blicken hinüber auf den Sonnenhang von Fiss und Serfaus mit der Samnaungruppe. NaudersNaudersDie Tour führt uns weiter über Wenns nach Imst und hinein ins Ötztal. Wir passieren Sölden und es begegnen uns bereits erste Hinweise auf den legendären Gletschermann Ötzi, der rund 5300 Jahre einsam im Eis lag, bis er auf dem Similaungletscher der Ötztaler Alpen wieder zum Vorschein kam. Wir gelangen schließlich nach Obergurgl und berappen 11E Maut, bevor wir über die imposante Gletscherwelt der Ötztaler Alpen direkt ins mediterrane Klima der Weinberge Südtirols wechseln. Bei 10% maximaler Steigung und bestens ausgebauter Strecke zieht die 12 km lange Hochalpenstraße hinauf bis zum höchsten Punkt auf 2509 m. Heinz gibt die Strecke frei und die Jagd nach oben kann beginnen. Wir machen einen kurzen Stopp beim Rasthaus Timmelsjoch, das Wetter ist so hoch oben etwas unwirtlich, deswegen nichts wie ab in den Süden! Etwas abenteuerlich verläuft die 21 km lange Streckenführung hinunter nach Moos im Passeier. Nach sanft geschwungenen Geraden und drei Tunnel geht es bald in neun engen Kehren steil hinab ins Passeiertal und angesichts des relativ starken Verkehrs und in Ermangelung der Überholmöglichkeiten ist dies eine zähe Angelegenheit. Wir gelangen nach St. Leonhard und machen bei der Auffahrt zum Jaufenpass in einem uns bereits von der Schweizreise 2006 her bekannten Gasthaus, in einer interessanten Kehre gelegen, unsere Mittagspause. Wir haben die ideale Position die Kurventechnik unserer Bikerkollegen zu studieren.
NaudersNaudersDie Strecke über Meran nach Schluderns und weiter nach Nauders ist alles andere als aufregend – Hitze, starker Verkehr und straßentechnisch ohne wirkliche Herausforderung.

Wir starten am Freitag wieder Richtung Schweiz: Martina – Susch – Zernez – Pontresina und hinauf den Berninapass (2328 m). Vom Parkplatz aus hat man einen wunderbaren Blick auf die hochalpine Szenerie, zum gewaltigen Gletscherstrom des Vadret da Morteratsch. Dietmar als großer Eisenbahnliebhaber eilt Richtung Lago Bianco, da hier gerade der Bernina-Express Station macht. Es ist wahrlich beeindruckend, wie sich die Bahn hier in Serpentinen den Berg hinauf- und hinabschlängelt. Wir setzen die Fahrt Richtung Tirano fort, zuvor passieren wir noch das Kreiselviadukt von Brusio, in Fachkreisen angeblich eine Besonderheit. NaudersNaudersEs mutet ebenfalls ungewöhnlich an, dass die Bahnschienen der Bernina-Eisenbahn in den Orten mitten auf der Straße verlaufen. Über Bormio nehmen wir noch einmal das Stilfser Joch unter die Räder. Diesmal von der anderen Seite mit nur 39 Kehren! Mein Resümee zum Stilfser Joch: Es ist
wunderbar oben zu sein, die Anfahrt ist alles andere als lustbetont. Die Rückfahrt führt uns wieder über den Reschenpass nach Nauders, wo wir auf der Terrasse ein wohlverdientes Bier konsumieren.

Der Samstag ist der letzte Tourentag, eine Genusstour ist angesagt: Faggen – Kaunerberg – Pillerhöhe – Wenns – Arzl – Mairhof – Oetz – Wald – Kühtai – Gries - (Lisental) Sellrain – (St. Quirin)Kematen – Tels – Imst – Landeck – Nauders.

Gemeinsam erleben macht Spaß, wenn auch unterschiedliche Menschen, Maschinen, verschiedene Fahrstile und Auffassungen aufeinandertreffen. 

Wir danken dir, Heinz, für die perfekte Organisation, die Tourenauswahl, die sichere Führung im Verlaufe der Woche und die gute Kameradschaft.

Annelies