22.-26.7.2011: Clubtour Mühl-/Waldviertel und Südböhmen
Tourguide: Karl Pointner
Unter diesem Motto haben wir im Vorjahr im Rahmen einer Tagestour ins Wald- und Mühlviertel dieses Vorhaben geplant. Und wahrlich – Kurvenspaß ohne Ende, wenn auch das Klima im nördlichen Teil Österreichs seine Tücken hat, was jedoch einen hartgesottenen Biker angesichts so viel Verwöhn- und Wohlfühlambiente im Motorradhotel „Zum Dorfwirt“ in Liebenau (im nordöstlichen Teil des Mühlviertels
und mit 967 m Seehöhe der höchstgelegene Ort des Mühlviertels) immer wieder positiv stimmt und der guten Laune keinen Abbruch tut.
Nach einigen Absagen wegen der schlechten Wetterprognose sind wir schließlich zu zehnt (6 Motorräder): Karl + Erni, Heinz + Helene, Franz W. + Elisabeth, Rudi + Renate, Walter und ich.
Der Treffpunkt ist Freitag in Alland und die Anreise mit ca. 350 km führt über Schöpflgitter, St. Corona, Klamm, Rohrbach an der Gölsen, Eschenau, Warth, Schwerbach, Gußwerk, Wildalpen, Lassing, Hollenstein a.d. Ybbs, Ybbsitz, St. Leonhard im Wald, Euratsfeld, Amstetten, Grein, St. Thomas am Blasenstein, Pierbach, Mötlas, Unterweissenbach nach Liebenau. Das Wetter ist an diesem Tag bereits sehr wechselhaft, immer wieder Regen und mäßige Temperaturen.
Der Samstag ist entgegen der Vorhersagen durchaus akzeptabel, es ist trocken und die Sonne kämpft sich bisweilen durch die Wolken. Wir starten pünktlich um 9.00 Uhr Richtung Naturschutzgebiet Tannermoor. Mitten im Wald die Teiche, umkränzt von einem in lila gehaltenen Blumenmeer, Natur und Einsamkeit pur, fernab der Zivilisation.
Es geht weiter über Unterweissenbach, St. Leonhard, Pehersdorf zur Burgruine Prandegg bei Schönau im Mühlkreis. Sie war einst eine der größten Burgen Österreichs, heute ist nur noch ein 23 m hoher, runder Wohnturm mit Burgverlies (Angstloch) und Mauerreste erhalten. Oben hat man einen einzigartigen Fernblick über die Hügel des Mühlviertels. Wir fahren den unbefestigten, morastigen Zufahrtsweg wieder zurück und es geht vor Schönau zur Sommerrodelbahn Speed-Gleitbahn Stoaninger Alm. Fun & Action - eine nette Abwechslung zum Motorradfahren, finden alle. Erni startet aus der Poleposition, sie fährt fast ungebremst ins Tal, sie würde wohl auch eine unerschrockene Bikerin abgeben. Alle haben Spaß und es wird nachher noch viel über die Fahrtechniken diskutiert. Karl mahnt zum Aufbruch, Heinz genehmigt sich noch schnell (unerlaubterweise!) einen Kleinen Braunen. Es liegen noch viele Kurven und Kilometer vor uns, deswegen rauf aufs Bike! Über Tragwein, Schwertberg erreichen wir Windhaag bei Perg. Hier ist Mittagspause beim Kirchenwirt (www.kirchenwirt.aistleitner.at) angesagt. Sehr empfehlenswert!
Gestärkt geht es flott weiter über Bad Kreuzen nach Grein hinunter. Die Strecke ist wahrlich ein Genuss, Kurven über Kurven, einwandfreier Asphalt und wie stets – wenig Verkehr. Wir cruisen den Strudengau gemütlich der Donau entlang, bevor wir bei Nöchling das Yspertal unter die Räder nehmen. Es geht stetig bergan, man spürt es auch an der Temperatur, dass wir uns Richtung tiefstes Waldviertel bewegen. Nach einem Tankstopp in Großpertenschlag erreichen wir Arbesbach. Der „Stockzahn“ des Waldviertels (Burgruine) ist schon von weitem sichtbar. Hier biegen wir Richtung Groß Gerungs ab und im benachbarten Harruck geht es auf einem schmalen Sträßchen vier Kilometer zum Wackelstein und zur Klauskapelle. Nach einer kurzen Fußwanderung liegt im Pierbichlwald ein 24 t schwerer Steinquader. Der Wackelstein gibt seinem Namen alle Ehre, er lässt sich tatsächlich bewegen. Selbst wir Frauen haben Erfolg. Mit aller Kraft und einem kräftigen „Horuck !“ gelingt es uns, den monströsen Granitstein geringfügig zu bewegen. Es versteht sich von selbst, dass unsere Männer natürlich als Erste den Versuch gewagt haben und mit stolzgeschwelgter Brust das Monstrum ordentlich ins Wackeln gebracht haben. Beim „Lebensraum Bach“ verweilen wir noch ein paar Minuten, hier versteht man, warum man oft vom mystischen Waldviertel spricht. Der Tag geht zur Neige, wir nehmen über Langschlag die Route zurück zu unserem Quartier. Als Abschluss wollen wir noch einmal zum Tannermoor, um einige Fotos zu schießen und in der Imbissstube einen Kaffee und selbstgemachten Guglhupf zu konsumieren.
Wir sind zufrieden, denn der erste Tag ist ohne einen Regentropfen und bei ganz passablen Temperaturen
zu Ende gegangen. Wer hätte das gedacht? Nun freuen wir uns wieder auf das 4-gängige Abendmenü mit einem Gläschen guten Rotwein, das tagtäglich ein wirklicher Genuss ist. Wir lassen dabei den Tag Revue passieren und sind überwältigt von den vielen tollen Kurven und Eindrücken, die den Tag nachhaltig bestimmt haben.
Sonntag: Nach dem Aufwachen ein banger Blick aus dem Fenster – Regen! Nach einem ausgiebigen Frühstück Krisengipfel: Wir beschließen trotz des Regens unseren Nachbarn in Tschechien einen Besuch abzustatten. Wir nehmen die direkteste Verbindung nach Krumau/Cesky Krumlov (Weltkulturerbe). Bei Wullowitz passieren wir die Grenze und kämpfen uns über Rozmberk nach Krumlov vor. Das Visier läuft an, es ist grimmig kalt, was soll man dazu noch sagen! Man könnte meinen, es sei Spätherbst und nicht mitten im Sommer. Wir stellen unsere Motorräder auf einem Parkplatz ab und begeben uns mit Regenkleidung und Schirm adjustiert in Richtung Altstadt. Hier stoppt der Regen für kurze Zeit und das imposante Schloss (16. Jhdt.) auf einem Felsengebilde baut sich vor uns auf. Über eine kleine hölzerne Brücke überqueren wir die Moldau und man glaubt es kaum, selbst bei diesem „Sauwetter“ lassen es sich zahlreiche Touristen nicht nehmen, eine traditionelle Schlauchboot- oder Kanufahrt zu machen. Alleine der Anblick lässt einen bis tief in die Glieder frösteln, brrrr!
Der Ort im südlichsten Zipfel Böhmens ist wahrlich eine Märchenstadt. Alles hier ist historisch: die Arkadengänge, die alte Schlossstiege, die schiefen Häuschen und die prächtigen Häuser mit Renaissance- und Barockfassaden. Bevor wir die Palastanlage betreten, beobachten wir eine Weile den (echten) Bären im Burggraben und besteigen dann den Schlossturm. Der Blick auf die Moldau mit ihren vielen Windungen ist von hier oben unvergleichlich. Wir spazieren nun in die Altstadt und lassen uns auf der überdachten und beheizten Terrasse eines Restaurants auf dem Platz der Eintracht nieder. Es schüttet in Strömen, hier kann uns das Wetter nichts anhaben, alle sind dennoch in guter Laune, Essen und Trinken halten wohl doch Leib und Seele zusammen. Wir wollen langsam zurück zu unseren Bikes und scherzen auf dem Rückweg, ob wohl noch alle da sein werden. Des Wassers nicht genug, wir setzen die Fahrt über Frymburk zum Lipno-Stausee (Moldaustausee) fort und nehmen hier die Fähre auf die andere Seite, um schnellstens wieder in die Heimat zu gelangen. Übrigens der Lipno-Stausee wurde von den Kommunisten in den 50er-Jahren als technologisches Paradeprojekt angelegt. Über Guglwald, Haslach, Zwettl/R., Bad Leonfelden gelangen wir zu unserem letzten Stopp in Freistadt. Im Café Lubenberger auf dem Marktplatz belohnen wir uns mit Kaffee und Torte (tolle Torten, Lebzelten etc. – sehr empfehlenswert!).
Auf schnellstem Wege fahren wir nun zurück nach Liebenau. Wir haben genug von Nässe und Kälte. Alles in allem jedoch ein kulturelles Highlight der Tour, auch wenn das Motorradfahren durch die schlechten Verhältnisse nicht im Vordergrund stand.
Montag: Das erste Ziel dieses Tages ist der Moldaublick bei Ulrichsberg. Wir nehmen die Route über St. Oswald bei Freistadt, Freistadt, Bad Leonfelden, Haslach an der Mühl, Aigen, Schlägl nach Ulrichsberg. Wir fahren den Berg hinan und einige Kilometer durch den Wald, bis die Straße bei einer Jausenstation endet. Wir erklimmen den Moldaublickturm, von hier hat man eine grandiose Sicht auf die unendliche Weite des Böhmerwaldes, den Nationalpark Sumava mit dem Moldaustausee. Man kann sich heute nur mehr schwer vorstellen, dass noch vor wenigen Jahrzehnten ein Übertritt in das benachbarte Land durch die Heimatvertriebenen beinahe unmöglich war, deswegen wurde auch der Aussichtsturm errichtet, um den Vertriebenen zumindest einen Blick in ihre alte Heimat zu ermöglichen. Das Hochfichtgebiet bietet auch zahlreiche Wandermöglichkeiten im Sommer, selbst im Winter ist es ein angesehenes Schizentrum. Wir verlassen den oberen Zipfel des Mühlviertels und nehmen die Straße über Peilstein, Kollerschlag, Atzesberg, St. Peter am Wimberg, St. Johann/ Wimberg, Zwettl an der Rode, Schenkenfelden, Kronast nach Kefermarkt. Hier besichtigen wir den weithin bekannten spätgotischen 14 Meter hohen Flügelaltar von einem unbekannten Meister aus dem Jahre 1497. Neben dem Altar Michael Pachers in St. Wolfgang und dem Marienaltar des Veit Stoß in Krakau zählt er zu den drei großen Altären am Ende des 15. Jahrhunderts. Die Rückfahrt erfolgt die Gotikstraße entlang über Gutau, St. Leonhard, Weitersfelden nach Liebenau.
In diesem Abschnitt gibt es wieder wundervolle fahrerische Highlights. Kurvenspaß vom Feinsten auf Bundesstraßen, Nebenstraßen, Güterwegen. Eine Kurve folgt auf die andere, Steigungen wechseln mit starken Gefällen, man möchte gar nicht glauben, dass die Gegend so viel Interessantes in punkto Vielfalt bietet – und kaum Verkehr. Einfach klasse!
Der letzte Abend ist leider angebrochen, es heißt wieder Koffer packen und sich gedanklich mit der Rückkehr in eine großstädtisch hektische Welt zu beschäftigen. Hier in Liebenau und Umgebung scheint die Welt noch in Ordnung zu sein, die Natur und das raue Klima schrecken wohl den Massentouristen ab – und es ist auch gut so, dass es noch Gegenden gibt, die gesucht und gefunden werden müssen, die „merkwürdig“
und erholsam sind, wo der Gast noch König zu sein scheint und der Biker in ein unvergleichliches Kurvenparadies eintaucht – und das nicht allzu weit von Wien entfernt. Es sind oft die unspektakulären Dinge, die besonders sind, das gilt in hohem Maße für die Gegend, „1000 Meter über dem Alltag“.
Dienstag: Die Motorräder sind gepackt, der Wettergott scheint es, zumindest vorerst, gut mit uns zu meinen. Wir fahren nahe der tschechischen Grenze über Weitra nach Gmünd und machen in Neunagelberg in der Kristallerie Lilith unseren ersten Stopp. Die Gegend ist mit der Tradition der Glasherstellung engstens verbunden, so auch die Familie Zalto (www.lilith.co.at), die seit vielen Generationen eine Glashütte betreibt und weltweit ihre Produkte vertreibt. Wir besuchen die Schauglashütte und sind fasziniert von der künstlerischen Arbeit. Wir nehmen schließlich noch das eine oder andere kleine Souvenir mit, bei Glas eine heikle Sache.
Die Rückfahrt führt über Brand, Heidenreichstein, Kautzen, Dobersberg bis nach Karlstein, wo wir eine Mittagsrast einlegen. Es geht weiter über Drosendorf nach Retz mit einer Kaffeepause im Ortskern.
Wir sind wie gewohnt wieder in Regenmontur. Die letzte Etappe geht querfeldein durch das Weinviertel. Schließlich haben wir gegen 17.00 Uhr Wien erreicht.
Fazit: Trotz der widrigen Wetterumstände eine interessante und außergewöhnliche Tour mit vielen kulturellen Höhepunkten fernab des Mainstream-(Motorrad)Tourismus. Es müssen nicht immer die hohen Pässe des Westens und Südens sein, auch der Norden Österreichs hat seine Schmankerl zu bieten. Zudem freundliche und engagierte Wirtsleut, die immerzu um das Wohl ihrer Gäste besorgt sind und als MoHo – Motorradhotel eine ideale Infrastruktur anzubieten haben. Famose, gesunde Küche und ein beträchtliches Weinangebot unterstreichen den Verwöhnfaktor, der in diesem Hotel groß geschrieben wird.
Zuguterletzt dir, lieber Karl, großen Dank für die perfekte Planung und verantwortungsvolle Durchführung dieser Tour. Durch die minutiöse Vorbereitungsarbeit vermagst du uns nicht nur die schönsten Routen zu zeigen, es gelingt dir immer wieder ohne viel Aufhebens auch ein wenig Kultur miteinfließen zu lassen. Reisen mit dir ist eine ideale Kombination aus Fahren und Land und Leute kennen lernen und stellt für mich immer wieder eine Art Bildungsreise mit dem Motorrad dar. Es ist schön, sein Hobby mit Gleichgesinnten teilen zu können!
Annelies
Sehr empfehlenswert, falls du einmal in der Gegend bist!
Hotel zum Dorfwirt
Roswitha & Franz Rockenschaub
A – 4252 Liebenau 5
Tel. +43 (0)7953 247
info@hotel-dorfwirt.at
www.hotel-dorfwirt.at
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