1.-8.7.2006: Clubtour in die Schweiz

Eigentlich sollte die heurige Wochentour und Höhepunkt unserer Saison nach Italien gehen. Aufgrund einiger Ausfälle ein Schwenk zu unseren Eidgenossen in die Schweiz, ins Wallis. Die positiven Erfahrungen von vor zwei Jahren haben diese Entscheidung unisono herbeigeführt.

Schweiz 06Schweiz 06Wir verbringen in Ulrichen, am Fuße des Nufenen-Passes eine ausgeglichene, erlebnisreiche Woche, garniert mit zahlreichen Pässen der Extraklasse. Abstecher zum Lago Maggiore und nach Saas Fee jenseits der gängigen Routen machen die Tour zu einer fast mystisch anmutenden Entdeckungsreise durch unser gastfreundliches Nachbarland.

Schweiz 06Schweiz 06Wir starten am Samstag, dem 1. Juli in Wien-West und wollen an diesem Tag noch das grenznahe Nauders erreichen. Eine gewaltige Strecke von zirka 600km steht uns bevor, das bedeutet einiges Sitzfleisch, noch dazu ist das Wetter an diesem Tag nicht sehr überzeugend prognostiziert. Nachdem wir Linz passiert haben, bahnt sich Regen an, also Regenkleidung. Im Salzkammergut scheint sich die Lage zu bessern, wir haben auch Glück, denn gen Westen wird es immer sonniger. Es geht über Salzburg, Lofer, Innsbruck zu unserem Zielort. Wir sind froh, als wir bei strahlendem Sonnenschein unser erstes Bier
auf der Terrasse des Landhauses Engadin zu uns nehmen, in guter Gesellschaft zahlreicher Biker unterschiedlicher Nationalität. Bei unserem ersten gemeinsamen Abendessen reflektieren wir den vergangenen Tag und freuen uns auf die anstehende Überfahrt in die Schweiz.

Schweiz 06Schweiz 06Kuhglockengeläute, schneebedeckte Berggipfel, die sich beeindruckend vom Tiefblau des morgendlichen Himmels abheben, motivieren uns in gebotener Eile österreichische Gefielde zu verlassen. Wir passieren ohne Kontrollen die Grenze zur Schweiz und bewegen uns nun in Richtung Flüelapass. Vor uns liegt ein Alpenklassiker mit einer nicht enden wollenden Kurvenfolge vorbei an smaragdgrünen Almwiesen und einem alpinen Postkartenpanorama. Wir stoppen auf der Passhöhe zu einer Kaffeepause mit Blick auf einen eiskalt anmutenden Bergsee, mancherorts noch umgeben von ausgiebigen Schneefeldern. Die Reise führt uns weiter über den Luftkurort Davos, wo sich in vergangenen Zeiten schon der Dichter Thomas Mann aufhielt um sich von seiner Lungenkrankheit zu kurieren. Wir fahren nun die Viamala, erreichen die Rofan-Schlucht und bewegen uns weiter in Richtung des San Bernadino-Passes. Ich bin überglücklich, dass wir dieses Mal einen Traumtag erwischt haben und unseren Capuccino kurzärmlig und schwitzend im Freien genießen können.
Erinnerungen an unsere Tour vor zwei Jahren werden wach, als unser einziges Ansinnen darin bestand, dem Pass möglichst rasch zu entfliehen, denn die vielen sich hinaufschlängelnden Kehren sind bereits bei guten Verhältnissen sehr konzentriert zu fahren. Über Biasco und Airola gelangen wir schließlich zu unserem „Hausberg“, dem Nufenen.
Schweiz 06Schweiz 06Wir stoppen hier nur kurz, denn die Zeit ist reichlich fortgeschritten und Ulrichen, unser Ziel, liegt talwärts bereits in
greifbarer Nähe. Rund um uns ragen zahlreiche Bergriesen in den blauen Himmel, wir sind zufrieden und froh hier zu
sein. Nach einer knapp halbstündigen Fahrt sind wir bei unserem Hotel Nufenen in Ulrichen angelangt, man hat sofort das Gefühl zu Hause zu sein. Nun haben wir nur noch eines im Sinn – ein kühles Bier als Belohnung für eine lange, geglückte Anreise. Hansi ist zum ersten Mal hier und ebenso beeindruckt vom Ambiente des Hotels und des malerischen Ortes, das ein wenig an eine Wildweststadt erinnert. Wir wollen hier fünf Nächte verbringen, es soll unser „Basislager“ sein. Schon am ersten Abend genießen wir das exzellente 4-gängige Menü, kreativ zusammengestellt vom sympathischen Chef de cuisine und Hausherrn. Wir verkosten die Weine des Valais und sind überrascht, dass die klimatischen Bedingungen derartige gute Tröpfchen hervorbringen. Die Wetterprognosen sind ausgezeichnet, so steht uns ein neuer vielversprechender Tourentag bevor.

Schweiz 06Schweiz 06Noch etwas ermattet von der Anreise planen wir einen etwas geruhsameren Tag. Wir starten am Montag um 9.00Uhr Richtung Grimselpass. Wohin man schaut zackige Berggipfel, die sich weit über die 3000-Meter-Höhe recken. Kehre für Kehre höchste Qualität. Erst relativ weit oben halte ich inne und wende den Blick wieder der Landschaft zu. Der markante Rhône-Gletscher auf dem gegenüberliegenden Furka-Pass gelegen, daneben das imposante Hotel Belvedere rücken ins Blickfeld. Nach einem Fotostopp auf der Passhöhe stechen wir ins Tal hinunter, immer im Visier die immensen Stauseen linkerhand. Die Straße ist ob des starken Gefälles wunderbar ausgebaut, es bietet sich viel Platz für zügiges Kurvenfahren.
Wir verlassen nun den Grimsel und bewegen uns auf den Sustenpass zu, welchen ich besonders mag, eine ideal ausgebaute Route mit Traumkurven. Die letzte Station des Tages ist der St. Gotthard-Pass. Die Auffahrt gibt wenig her, sie gleicht eher einer Autobahn. Wir überholen eine historische Pferdekutsche, schleifen unsere Bikes ein und schießen schnell ein paar Fotos. Oben angelangt, schon etwas vom Hunger geplagt, leisten wir uns ein göttliches Würstel, die Preise scheinen hier der Höhe angepasst. Wir haben noch genügend Zeit, also beschließen wir etwas länger oben zu bleiben und die Ankunft der Kutsche zu erwarten. Wir lagern vor dem See auf einer Almwiese, die Höhenluft inspiriert, wir reden über das Leben und wollen die Welt neu erfinden. Übrigens, wir haben es in der Kürze nicht geschafft!

Schweiz 06Schweiz 06Am Dienstag ist eine ausgedehnte Tour mit Abstecher nach Italien geplant. Bei Traumwetter starten wir, nehmen den Simplon-Pass unter die Räder, schlängeln uns bei der Abfahrt durch eine Kolonne von Trucks, bis wir das Centovalli erreichen. Hier tut sich uns eine besondere Welt auf. Wir bummeln in höchster Konzentration durch eine Art Garten Eden, Natur pur links und rechts des Straßenrandes. Nach langer Fahrt tauchen wir aus diesem Irrgarten auf, der Lago Maggiore liegt vor uns, Palmen säumen die Seestraße. Wir fahren dem Ufer entlang und wollen in Ascona eine Mittagspause einlegen.
Wir relaxen mit Blick auf den See und schwärmen noch immer von Heinz’ besonderer Routenwahl. Über Locarno, Bellinzona und Biasco erreichen wir den Passo del Lucomagna, den Oberalppass, Andermatt, den Furka-Pass mit dem imposanten Rhônegletscher. Das Tagespensum ist nach 350 km ausreichend erfüllt.

Schweiz 06Schweiz 06Am Mittwoch wollen wir noch einmal auf den Grimsel-Pass und die kleine in den Felsen gehauene höchstalpine Bergstraße zum Stausee nach Oberar erkunden. Wir müssen warten, da das Sträßchen nur stündlich befahrbar ist. Wir schießen das eine oder andere Foto, auch ein Ziel dieses eher entspannteren Tages. Als es so weit ist, starten wir gespannt und mit großem Respekt. Eine mondlandschaftähnliche Bergwelt tut sich hinter den ersten Kehren auf. Der Blick hinunter ins
Tal auf die Grimsel-Stauseen lässt uns immer wieder inne halten und staunen. An der engen Fahrbahn zwischen felsigem Geröll blitzblaue Enziangrüppchen, man hält es kaum für möglich, dass hier noch etwas dem Boden entsprießen kann. Die Straße endet vor einem mächtigen Stausee, der von weiten Schneefeldern und hoch aufragenden felsigen Bergkämmen begrenzt wird. Wir kehren in der Hütte ein und trinken auf der sonnigen Terrasse mit Traumblick einen Milchkaffee. Außerdem Hüttenpersonal keine Menschenseele weit und breit. Man fühlt sich völlig entrückt von allem, dem Himmel sehr nahe. Wir verlassen diese wunderbare Gegend und kehren zurück zum Furka-Pass. Schweiz 06Schweiz 06Hansis Wunsch die Eishöhlen des Rhône-Gletschers zu besuchen wird statt gegeben. Wir tauchen in eine azurblaue Gletscherunterwelt ein, es ist feucht und kalt, wir sind froh nicht kurz behost zu sein, wie der eine oder andere Besucher. Wir fahren nun frühnachmittags zu unserem Quartier zurück, Gitti möchte einen Entspannungsnachmittag einlegen. Heinz und Hansi schließen sich meinem Vorhaben noch einmal den Nufenen-Pass zu bezwingen an, ich darf diesmal die Führungsposition übernehmen. Wahrlich ein großer Ansporn für mich, den beiden Herrn ein gutes Tempo vorzulegen. Oben angelangt diskutieren wir über die Auffahrt, ich bin stolz einiges Lob zu erfahren. Nun geht es zur Sonnenterrasse zu einem nachmittäglichen Kaffee. Der traumhafte Ausblick lässt unser Gespräch immer wieder ins Stocken geraten, wir müssen uns immerzu sagen, welch ein Glück wir ob des schönen Wetters und der allgemein günstigen Verhältnisse haben.

Der letzte Tourentag in der Schweiz führt nach Saas Fee, von wo aus man angeblich mehr als zehn Viertausender erblicken soll. Der autofreie Ort, über 1800Meter gelegen, bietet uns ein herrliches Bergpanorama und Schisportlern auch im Sommer Schivergnügen. Ich möchte das Grab von Carl Zuckmayer nebst der Kirche besuchen. Wir finden es alsbald und verweilen kurz um ein paar Fotos zu machen. Nun ziehen vermehrt tiefgraue Wolken auf und zwingen uns zur vorschnellen Abreise.
Wir treten nun über die Moosalp die Rückkehr an. Als wir nach einer langen kurvenreichen und sehr romantischen Fahrt das Restaurant Moosalp erreichen, haben wir Glück, denn ein Gewitter kündigt sich an. Wir essen noch schnell unser Raclette im Freien, flüchten jedoch dann ins Innere des Lokals. Der starke Regen zwingt uns schließlich dort etwas länger zu verweilen. Am Abend genießen wir in unserem Hotel das letzte Mal das herrliche Menü und werden ein bisschen melancholisch angesichts der bevorstehenden Abreise und der Tatsache, dass die Tage wie im Fluge vergangen sind.

Schweiz 06Schweiz 06Das Wetter verändert sich am Abend zunehmend zum Schlechteren, wir befürchten eine etwas feucht ausfallende Abreise am nächsten Morgen.

Nach dem Frühstück machen wir unsere Maschinen für die Rückfahrt flott, der Regen hat beinahe aufgehört, aber über dem Bergland hängen tiefgraue Wolken, vor allem in Richtung Furka-Pass, den wir passieren müssen. Wir starten gleich in Regenkleidung, es stellt sich alsbald als sehr vernünftig heraus, denn es beginnt immer stärker zu regnen. Oben auf dem Pass ganz schlechte Sicht, Nebel beeinträchtigt die Sicht und das Fahrverhalten maßgeblich. Hansi, der anfangs absolut kein Regenfahrer ist, mutiert im Verlaufe des Tages zu einem Regenprofi. So hat die lange Regenfahrt schlussendlich positive Auswirkungen auf uns. Wir nehmen, weil es so geplant war und darüber weiterhin Einigkeit besteht, auch noch den Klausenpass mit. Oben kehren wir ein, zwei BMW-Kollegen machen sich gerade für die Abreise fertig, sonst hält sich in diesem ungastlichen Revier offensichtlich keine Menschenseele auf. Wir fahren dann über den Wallsee nach Liechtenstein, Feldkirch und über das Furkajoch, das bei Regen jeglichen Reiz verliert. Ins Tal hinunter spähend erste Hoffnungsschimmer,
es scheint aufzureißen. Wir machen noch einen Stopp und wärmen uns bei einem Tee. Wir sind bald in unserem Quartier in Schröcken angelangt und sehr zufrieden ob des schönen Ambientes. Wir verbringen einen geruhsamen letzten Abend und stellen uns bereits auf die anstehende Heimreise ein.

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Der Morgen hat leider nichts Positives zu bieten, starker Regen nach wie vor. Wir starten dennoch über Lech den
Arlbergpass entlang. Richtung Innsbruck wird es zunehmend trockener und sogar zum Teil recht sonnig. Wir verlassen die Inntalautobahn Richtung Mittersill und mein Vorschlag über Zell/See, Radstadt, Liezen, Wildalpen, Kalte Kuchl zurückzufahren wird angenommen. Die Rückfahrt gestaltet sich zeitmäßig letztendlich doch etwas ungünstig, Gitti verteufelt mich bei jedem Halt, sie möchte am liebsten schon zu Hause sein und nichts mehr mit dem Motorradfahren zu tun haben. Wir beweisen als Fahrer da mehr Galgenhumor, obgleich Heinz auch immer stiller und stiller wird. Ehrlich gesagt, mir reicht es nach fast 700km auch einigermaßen! In Wöllersdorf verabschieden wir uns schließlich und nehmen die Autobahn nach Wien.

Nach fast 3000 gefahrenen Kilometern pannen-und unfallfreier Fahrt ein gutes Gefühl wieder zu Hause zu sein.

Wir haben eine schöne Zeit durchlebt, viele interessante Gegenden und Landschaften genossen, uns als Kollegen und Menschen besser kennen und schätzen gelernt, eine Art Bildungsreise in vielerlei Hinsicht gemacht. Das Motorradfahren war das verbindende Element.

Danke euch, Gitti und Hansi, für die gute Kameradschaft und dir, Heinz, im Besonderen für die minutiöse Planung der Tour,
deine Um- und Rücksicht in allen Bereichen. Es waren schöne Tage in meinem Leben, ich habe mich gut aufgehoben
gefühlt, die Gemeinschaft mit euch genossen.

Annelies

TIPP: Für diejenigen, die vielleicht irgendwann einmal eine Schweiztour planen, eine Hotelempfehlung im Schweizer Wallis:

Hotel Nufenen
Familie V. und M. Imsand-Gyger
Furkastraße
CH-3988 Ulrichen
Tel. +41(0)27 973 16 44
Fax +41(0)27 973 26 94
www.hotel-nufenen.ch
info@hotel-nufenen.ch

Das Hotel ist am Fuße der Pässe Nufenen, Grimsel und Furka gelegen und ein idealer Ausgangspunkt für viele anspruchsvolle Routen.
Es ist ein familiär geführtes Hotel, ein Ort zum Wohlfühlen.

Bei der Rückfahrt haben wir eine Nacht in Vorarlberg, in Schröcken verbracht. Das Gästehaus Angelika ist speziell auf Motorradfahrer ausgerichtet und ein idealer Ausgangspunkt für Touren im 5-Ländereck.

Gästehaus Angelika
Angelika und Gerhard Strolz
Oberboden 111
6888 Schröcken
www.angelika.at
info@angelika.at
Tel. +43 5519 341
Fax. +43 5519 30301